Vom Mädchen mit Idealen zur Spezialistin mit größter Achtung vor dem Material, an dem sie arbeitet – ein großer Sprung in kleinen Schritten …
Das Kind, das erst Dolmetscher, dann Auslandskorrespondent werden will, merkt, dass es gar nicht gern im Rampenlicht steht und macht schließlich einen Uni-Abschluss als Übersetzer. Das ist durchaus geradlinig.
Ein Übersetzer, so heißt es, muss neugierig sein. Mehr als neugierig, wissensdurstig. Ein Übersetzer muss das Lernen lieben. Wenn Sie Lust auf eine kurze Geschichte haben, nehmen Sie meine Reise als Beispiel:
Nach dem Schulabschluss liebäugelte ich mit der Paläontologie und träumte davon, Afrika zu bereisen und auf der Suche nach prähistorischen Backenzähnen die halbe Savanne zu durchsieben, entschied mich dann aber für die allseits bekannte und beliebte Finnougristik und träumte davon, Sibirien zu bereisen und die Morphosyntax des Nganasan im echten Leben zu entschlüsseln. Ich habe jahrelang mehrere Stunden täglich mit Orgelspielen verbracht und während des Linguistikstudiums interessehalber eine Reihe von Lehrveranstaltungen in der Kunstgeschichte besucht.
Von Kunst kann man aber nicht leben. Ob es mit Sprachen so viel besser aussieht, sei dahingestellt; ich habe mich jedenfalls entschieden. Seitdem wird mein Wissensdurst mit meiner täglichen Arbeit ganz von selbst gestillt und immer wieder neu angeregt.
Der Einstieg ins Übersetzergeschäft kostet einiges an Schweiß und Nerven, manchen sicher auch Tränen, wenn man meint, jeden beliebigen Themenbereich qualifiziert bearbeiten zu müssen. Kaum einem ist anfangs bewusst, dass das kein idealer Anspruch an sich selbst und an die eigene Arbeit sein kann. Andererseits kann man als Anfänger noch gar nicht ermessen, was Spezialisierung für einen Übersetzer bedeutet.
Mit der Erfahrung kommt die Achtung vor dem Material und zugleich stellt sich heraus, was einen wirklich antreibt, man entdeckt die Themen, die nie langweilig werden, egal, was kommt. Als ich mich beim Einarbeiten in Terminologie, Stilistik und fachliche Konzepte selbst daran erinnern musste, dass nicht das Eintauchen in die Materie, sondern das Übersetzen meine eigentliche Aufgabe ist, war ich auf dem richtigen Weg.
Durch die Arbeit an Projekten verschiedenster Fachgebiete habe ich erkannt, was ich in meiner Arbeit nicht mehr missen möchte: die präzise, überlegte Sprache zur Vermittlung komplexer Konzepte in Medizin und Pharmazeutik und die kreativen Herausforderungen des Marketings.